Der E-Mail-Dienst für PC-Profis, Ausgabe vom 14. Dezember 2005

Das Perpetuum Mobile der Werbung

Liebe Leser,

das Thema "Werbung im Internet" ist ein weites Feld. Gestern habe ich Ihnen hier eine pfiffige Idee vorgestellt, die sich zwar nicht einfach so kopieren lässt, die aber beweist, dass Werbung im Netz mehr als sonst von pfiffigen Ideen lebt.

Projekte wie "The Million Dollar Homepage" können einen dazu ermuntern, neue Wege einzuschlagen und außerhalb gewohnter Denkmuster zu experimentieren, kurz: das Wörtchen "neu" in "Neue Medien" ernst zu nehmen.

Doch mitunter gerät man bei seinen Versuchen, die altbekannten Trampelpfade zu verlassen auch auf Abwege und bewegt sich im Kreis. Nun kann man bekanntlich auch durch energisches Auf-der-Stelle-treten den Anschein von Fortschritt erwecken, aber machen wir uns nichts vor: Ein Zirkelschluss bringt einen nicht wirklich weiter.

Ein Beispiel für eine eher grenzwertige und (fast) zirkuläre Werbemethode ist der "Millionenklick" von Web.de. Dabei handelt es sich um eine reale Lotterie mit echten Geldgewinnen, bei der die Teilnehmer täglich bis zu einer Million Euro gewinnen können. Der Clou: Die Teilnahme ist vollständig kostenlos, wer mitspielen will, muss keinen Cent Einsatz riskieren.

Ein Teilnehmer am Millionenklick füllt seinen Tippzettel aus, schickt ihn ab und klickt zur Bestätigung auf einen Werbebanner.

Durch diesen Klick erreicht Web.de (vermute ich – Zahlen macht das Unternehmen hier natürlich nicht öffentlich) eine deutliche Steigerung der Klickraten und die Werbetreibenden beim Millionenklick lotsen so jede Menge potentieller Kunden auf ihre Webseite.

Von den reinen Zugriffszahlen her könnte man auf die Idee kommen, der Millionenklick sei das Perpetuum Mobile der Online-Werbung, bei dem es lauter Gewinner gibt.

Web.de erhöht seine Zugriffsraten, wird für Anzeigenkunden attraktiver und steigert so den Wert ihres gesamten Webauftritts. Die Anzeigenkunden erreichen sehr viel mehr Publikum als sonst und erhöhen so ihre Umsätze. Die Kunden schließlich werden über Produkte informiert, die sie vielleicht ohnehin kaufen wollten – und bekommen obendrein die Chance, Geld zu gewinnen.

Doch genau an dieser Stelle hakt die scheinbar gut laufende Maschinerie: Denn die Personen, die ein Angebot wie der Millionenklick anlockt, sind in erster Linie keine potentiellen Kunden, sondern Spieler. Wer beim Millionenklick teilnimmt, der möchte Geld gewinnen – nicht ausgeben. Die Anzeigenkunden erreichen also durch den Millionenklick zwar ein größeres Publikum – aber das heißt nicht, dass sie auch mehr Umsatz generieren. Ich habe den Verdacht, dass hier mit großem Aufwand ein relativ kleiner Ertrag erwirtschaftet wird.

Wie gesagt – dieses Beispiel ist ein wenig grenzwertig, aber es scheint zu funktionieren (und sei es nur als Werbung für Web.de). Zwar gehören zu den Anzeigenkunden auch Web.de-Unternehmen – hier wird also Umsatz nach dem beliebten Prinzip "linke Tasche, rechte Tasche" erzielt –, aber den Millionenklick gibt es schon etliche Jahre, so ganz erfolglos kann er also nicht sein.

Vollends zirkulär und damit unsinnig wird die Sache allerdings dann, wenn man den nächsten, eigentlich nahe liegenden Schritt tut – und seine Besucher direkt und ohne Umwege über ein Glücksspiel dafür bezahlt, dass sie vorbeischauen und auf einen Werbebanner klicken.

Das klingt zwar ziemlich absurd,wurde aber vor einigen Jahren allen Ernstes als neueste Masche der Onlinewerbung herumgereicht. Im Gründerrausch der goldenen Internetjahre war das nur eine Idee mehr, wie die Wertschöpfung aus dem Nichts funktionieren soll.

Das Verfahren schlug natürlich genau so fehl wie einige andere seltsame Ideen aus der Zeit. Doch davon scheint Bill Gates nichts mitbekommen zu haben. Der nämlich hat während einer Indien-Reise mit der verblüffenden Idee aufgewartet, man wolle einen Teil der Werbeumsätze von MSN an die MSN-Besucher auszahlen. Nicht in Form von Geld, sondern als kostenlose Software oder ähnliches, aber der Grundgedanke ist unverkennbar die alte Schnapsidee, man könne sich Besucher kaufen, die Zugriffszahlen in die Höhe treiben und die Anzeigenkunden fänden es ganz prima, von Leuten überschwemmt zu werden, die nichts kaufen, sondern nur ihr Geschenk haben wollen.

Doch so wenig das Perpetuum Mobile funktioniert und so wenig man sich Freunde kaufen kann: So wenig lassen sich aus Schnorrern zahlende Kunden zaubern. Auch nicht im Internet.

Ihr

Dr. Giesbert Damaschke

Cebit 2006: Rekordniveau trotz Absagen

In den letzten Wochen machte die Cebit in Hannover vor allem durch prominente Absagen Schlagzeilen. Doch auch wenn einige große Firmen wie Sony, Philips oder E-Plus der Cebit 2006 den Rücken kehren, kann die Messegesellschaft doch auch für diese Messe Rekordzahlen nennen.

So haben sich bislang rund 6.300 Aussteller angemeldet, bei der Cebit 2005 waren es gut 6.200. Dabei unterstreicht die Cebit ihren Anspruch als weltweit größte und wichtigste IT-Messe, kommen doch mehr als die Hälfte aller Aussteller aus dem Ausland.

Nach bisherigen Stand der Dinge werden vor allem zwei Themen das Messegeschehen dominieren: Internet-Telefonie und UMTS.

Die Cebit 2006 findet vom 9. bis zum 15. März 2006 in Hannover statt.

Datenschutz: Microsoft bewegt sich / Lob von Datenschützern

In den letzten Jahren sorgte Microsoft in Sachen Datenschutz fast ausschließlich für negative Schlagzeilen. Doch seitdem die großen IT-Konzerne erkannt haben, dass Datenschutz für ihre Kunden ein zentrales Thema ist, ist eine Strategieänderung zu erkennen.

"Der Microsoft-Konzern bewegt sich in Sachen Datenschutz", erklärte Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), nach einem Meinungs- und Erfahrungsaustausch mit Peter Cullen, dem Chief Privacy Strategist von Microsoft.

Die Richtungsänderung zeige sich nicht nur darin, dass der Konzern offensiv den Dialog mit deutschen und europäischen Datenschützern suche, sondern auch die neuen Schwerpunkte der Datenschutzpolitik des Unternehmen.

Hier erkennen die Datenschützer eine "mit erfrischender Klarheit" durchgeführte radikale Umstellung. War Microsoft bis vor Kurzem einer der einflussreichsten Verfechter eines "Datenschutzes durch Selbstregulierung der Wirtschaft", so schwenke der Konzern um und fordere nun von der US-Regierung ein nationales Datenschutzgesetz.

Hintergrund dieses Politikwechsels sei die in den USA überhand nehmende Datenkriminalität: die Entwendung sensibler Finanzdaten in großem Maßstab, der millionenfache Identitäts-Diebstahl vor allem im Internet-Handel oder der überhand nehmende Missbrauch von Internet-Adressen durch Spam.

Internet-Telefonie: Microsoft kooperiert mit MCI

Die Tage des traditionellen Telefons sind gezählt, es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis Internet-Telefonie bzw. "Voice over IP" (VoIP) zum allgemeinen Telefonstandard geworden ist. Fast täglich kursieren Meldungen über neue Standards, neue Technik oder neue Firmen im VoIP-Markt.

Jüngstes Beispiel ist Microsoft. Der Softwarekonzern will seine "Live"-Angebot in Zukunft um Internet-Telefonie erweitern. Als Telefon-Partner kooperiert Microsoft dabei mit MCI, der Service soll auf den Namen "MCI Web Calling for Windows Live Call" heißen.

Ein Starttermin ist noch nicht genannt, für die nächsten Wochen ist eine Testphase in den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien geplant.