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Gesendet: Montag, 30. Januar 2006 02:01
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Betreff: Schraubenzieher vs. Schraubendreher. Eine sprachgeschichtliche Internet-Recherche

Der E-Mail-Dienst für PC-Profis, Ausgabe vom 30. Januar 2006

Schraubenzieher vs. Schraubendreher. Eine sprachgeschichtliche Internet-Recherche
Achtung! Vorsicht vor falscher Auftrags-Mail von Dell!
Microsoft: Rekordumsatz, aber kein Spaß mit Entertainment
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Schraubenzieher vs. Schraubendreher. Eine sprachgeschichtliche Internet-Recherche

Von Dr. Giesbert Damaschke, München

Liebe Leser,

kürzlich erwähnte ich als Beispiel fürs Sparen am falschen Ende, wie ich einen billigen Spezial-Schraubenzieher kaufte und am Ende drauf zahlen musste, weil das billige Werkzeug nichts taugte.

Dazu schrieb mir ein Leser einen augenzwinkernden Kommentar. Die Geschichte glaube er mir nicht, schließlich gäbe es überhaupt keine "Schraubenzieher", sondern nur "Schraubendreher". Schrauben würden nämlich gedreht, nicht gezogen.

Diesen Hinweis brachte ich als "P. S." in der nächsten Ausgabe und dieses Mal erhielt ich von einem anderen Leser Zuspruch. Man könne sehr wohl "Schraubenzieher" sagen, das sei eine süddeutsch-österreichische Variante. Und da ich ja aus München komme, ginge das schon klar, mit dem Zieher statt Dreher.

Nun wohne und arbeite ich zwar in München – aber ich komme aus dem Ruhrgebiet (genauer: Bergkamen, Kreis Unna, in der Nähe von Dortmund). Trotzdem ist "Schraubenzieher" ein Wort, mit dem ich groß geworden bin. Erst später, etwa Mitte der siebziger Jahre, als das Wort schon längst zu meinem ganz selbstverständlich benutztem Wortschatz gehörte, hörte ich gelegentlich die Korrektur zu "Schraubendreher".

Nun werde ich mich allerdings wohl mein' Lebtag nicht an das Wort "Schraubendreher" gewöhnen – ganz gleich, ob das nun "richtiger" ist oder nicht. Ich finde, es klingt ein wenig aufgesetzt, betont richtig und ist damit als "Über-Korrektheit" erst recht falsch.

Solche geschmäcklerischen Einwände sind natürlich nicht sehr stichhaltig. Wenn man etwas genauer wissen will, was es eigentlich mit "Schraubenzieher vs. Schraubendreher" auf sich hat, muss man ein wenig recherchieren. Früher hätte man dafür eine einigermaßen gut bestückte Bibliothek gebraucht. Heute erledigt man so etwas mit einer Internet-Recherche.

Google Fight

Der erste Schritt einer Internet-Recherche auf der Suche nach ersten, groben Anhaltspunkten, besteht normalerweise darin, Google mit ein paar Stichwörter zu füttern und zu schauen, was dabei heraus kommt.

Möchte man etwas über die Häufigkeit von Wörtern in Erfahrung bringen, kann man sich daraus auch einen Spaß machen und einen "Google Fight" austragen.

Dabei treten zwei Suchphrasen gegeneinander an. Wer am häufigsten in Google vorkommt hat gewonnen.

Beim Kampf "schraubenzieher vs. schraubendreher" war das Ergebnis niederschmetternd eindeutig:

  • schraubenzieher: 861.000 results
  • schraubendreher: 2.040.000 results

Zumindest im Internet scheint die Frage eindeutig entschieden: "Schraubendreher" ist das passendere Wort.

Aber so leicht gebe ich mich natürlich nicht geschlagen.

Google Fight

Die Wikipedia

Als nächsten Schritt könnte man sich nun durch die Trefferlisten bei Google klicken, um etwa gleich bei einem der ersten Treffer (beim "heimwerkerlexikon.de") zu erfahren, dass es sich bei "Schraubenzieher" um "eine umgangssprachliche Bezeichnung" handele, "korrekterweise bezeichnet man dieses Werkzeug als Schraubendreher, da die Schrauben ja nicht gezogen, sondern gedreht werden".

Klingt einleuchtend, aber ehrlich gesagt frage ich mich, warum ich in sprachlichen Dingen nun ausgerechnet auf ein Heimwerker-Lexikon vertrauen sollte.

Aber es gibt ja noch die "Wikipedia". Und siehe da, dort wird ein sprachgeschichtlicher Aspekt angeführt, der die Frage gewissermaßen vom Kopf auf die Füße stellt:

"Dieser Begriff hatte das Einziehen bzw. Festziehen einer Holzschraube im Holz zum Ursprung. [ ...] Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gibt es zunehmend Versuche [ ...], den ursprünglichen Begriff durch den 'richtigen' Begriff Schraubendreher zu ersetzen. Ursache dafür könnte eine Bedeutungsverengung von 'Ziehen' auf 'Etwas Herausziehen' in der Umgangssprache sein, so dass der ursprüngliche Begriff fälschlicherweise mit dem Herausziehen einer Schraube assoziiert wird, was jedoch ursprünglich nie gemeint war."

Kurz: Nicht "Schraubenzieher" ist umgangssprachlich – sondern "Schraubendreher".

Wikipedia-Eintrag "Schraubenzieher"

Das Grimmsche Wörterbuch

Einmal auf die sprachgeschichtliche Spur gebracht, führt der Weg zu einem der bedeutendsten Wörterbücher der deutschen Sprache, dem vielbändigen "Deutschen Wörterbuch" der Brüder Grimm, auch bekannt als "Grimmsches Wörterbuch". Dieses regalmeterfüllende Werk liegt in digitaler Form vor und kann im Internet eingesehen werden.

Eine Besonderheit dieses Wörterbuches ist es, dass es zu fast allen Begriffen chronologisch sortierte Belegstellen in der deutschen Literatur nennt, so dass man die Entwicklung eines Begriffs verfolgen kann.

Danach ist ein Schraubenzieher ein "werkzeug zum anziehen oder lockern der schrauben" (dieses Wörterbuch aus dem 19. Jahrhundert schreibt prinzipiell klein).

Ein Schraubendreher meint dagegen etwas ganz anderes, nämlich jemanden, "der durch drehen schrauben formt oder handhabt", allerdings wird diese Definition ergänzt durch "auch name eines werkzeugs, womit schrauben umgedreht werden".

Zum "Schraubendreher" kennt das Wörterbuch keine Belegstellen, zum Schraubenzieher allerdings schon, nämlich:

  • Johann Karl Gottfried Jacobsson: Technologisches Wörterbuch, 1725 ff.
  • Gustav Freytag: Die verlorene Handschrift, 1864
  • Gottfried Keller: Gesammelte Werke, Band 6, 1889

Eintrag "Schraubenzieher" im "Deutschen Wörterbuch"

Eintrag "Schraubendreher" im "Deutschen Wörterbuch"

Das Gutenberg-Projekt

Nun sind drei Belegstellen aus dem 18. und 19. Jahrhundert schon mal nicht schlecht – aber weitere Belegstellen wären natürlich noch besser.

Hier hilft ein Abstecher zum deutschen Pendant des angelsächsischen "Project Gutenberg". Ziel dieses Projekts ist es, so viele literarische Texte wie nur möglich in digitaler Form kostenlos bereit zu stellen. Da hier nur urheberrechtsfreie Texte zu finden sind, präsentiert das Projekt naturgemäß ältere Texte.

Bei einer Suche im deutschen Projekt Gutenberg finden sich zwölf Belegstellen zu "Schraubenzieher" – und nur eine zu "Schraubendreher".

Interessant ist an diesem Befund nicht nur das Übergewicht von "Schraubenzieher", sondern auch das Geburtsjahr der Autoren.

"Schraubenzieher" wird von Autoren wie Max Dauthendey (*1867), Theodor Fontane (*1819), Gustav Freytag (*1816), Gottfried Keller (*1819), Karl May (*1842) oder Emile Zola (*1840) benutzt. Die eine Belegstelle für "Schraubendreher" findet sich bei Franz Kafka – und der wurde erst 1883 geboren, ihn trennen also mehrere Jahrzehnte von den anderen Autoren.

Projekt Gutenberg-DE

Fazit

An dieser Stelle habe ich meine kleine Internet-Recherche abgebrochen. Man könnte nun durch weitere Recherche (zum Beispiel in den Online-Archiven von Zeitungen und Zeitschriften) sicherlich noch mehr Details in Erfahrung bringen, aber das Ergebnis scheint mir eindeutig.

"Schraubenzieher" ist die ursprüngliche Bezeichnung und mindestens seit dem frühen 18. Jahrhundert belegt. "Schraubendreher" ist dagegen neueren Ursprungs. Die Vermutung der Wikipedia, dass sich "Schraubendreher" aufgrund einer Begriffsverengung von "ziehen" entwickelt hat, scheint mir einiges für sich zu haben. Die Vermutung liegt nahe, dass man um so mehr "Schraubendreher" finden wird, je näher man der Gegenwart rückt.

Das Ergebnis des kleinen Google-Fights scheint mir außerdem einen Wortwandel anzukündigen. Vermutlich wird der nächste Generation das Wort "Schraubenzieher" so seltsam vorkommen, wie mir heute das Wort "Schraubendreher".

Ihr

Dr. Giesbert Damaschke

Achtung! Vorsicht vor falscher Auftrags-Mail von Dell!

Aktuell kursieren gefälschte Auftragsbestätigungen im Internet, die angeblich vom Computer-Direktversender Dell stammen sollen. Darin wird eine angeblich vom Empfänger getätigte Bestellung bestätigt. Zur Kontrolle des Auftrags wird ein Link zu einer Webseite angegeben.

Dieser Link führt natürlich nicht zu Dell, sondern zu einer speziell präparierte Webseite, die über den WMF-Exploit versucht, in den Rechner einzudringen.

Diese Lücke wurde durch ein Sicherheitsupdate von Microsoft Anfang Januar behoben. Es wird dringend geraten, dieses Update zu installieren.

Außerdem sollte man bei unaufgefordert zugeschickten E-Mails, die vom Empfänger verlangen, auf einen Link zu klicken, prinzipiell misstrauisch sein.

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Microsoft: Rekordumsatz, aber kein Spaß mit Entertainment

Auch erfolgsverwöhnte Unternehmen wie Microsoft müssen Rückschläge und Niederlagen einstecken.

So schloss Microsoft etwa das letzte Quartal mit einem Rekordumsatz ab. Der nämlich stieg um rund neun Prozent auf 11,84 Milliarden US-Dollar, wovon als Netto-Gewinn immerhin 3,65 Milliarden US-Dollar übrig blieben.

Doch auch in diesem Quartal gelang es dem Konzern nicht, im immer wichtiger werdenden Entertainment-Markt zu reüssieren. Daran konnte auch die erfolgreich gestartete und mit großen Erwartungen auf den Markt gebrachte neue Spielekonsole "Xbox 360" nichts ändern.

Zwar konnte man rund 1,5 Millionen Konsolen verkaufen und den Umsatz der entsprechenden Konzernsparte um 13 Prozent auf 1,56 Milliarden US-Dollar hieven. Aber unterm Strich blieb doch ein Minus von 293 Millionen US-Dollar.

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